Hallo Dr. Belsky,
zunächst einmal: vielen Dank für die Möglichkeit, Ihnen Fragen zu stellen!
Zu meiner Situation, die ich wahrscheinlich nur sehr laienhaft darstellen kann: Ich habe Angst vor dem Zahnarzt und bin daher nach langer Zeit erstmalig wieder im Frühjahr zu einem empfohlenen Zahnarzt gegangen. Dieser hat mir durch seine menschliche Art und Weise und der Tatsache, schnell und gut zu betäuben, Vertrauen in seine Behandlung gegeben. Zwei Füllungen waren nötig, beide Behandlungen sind gut abgelaufen.
Nun war ich vor einer Woche beim zahnärztlichen Notdienst, weil einer der behandelten Zähne (der letzte Backenzahn unten rechts vor dem Weisheitszahn) pochend schmerzte. Der Notdienst röntgte und fragte mich, ob mein Arzt mit mir schon über eine Wurzelbehandlung gesprochen habe. Er setzte eine Betäubung, bohrte die Füllung auf und füllte den Zahn mit einem Medikament. Sechs Tage später hatte ich sowieso einen regulären Zahnarzttermin, bei dem weiterbehandelt werden sollte.
Das war vorgestern. Die Praxis war sehr voll, sodass ich gefragt wurde, ob ich auch von jemand anderem behandelt werden könne. Die junge Frau hatte ich in der Praxis noch nie gesehen, da ich aber bisher die Erfahrung gemacht hatte, dass meine Angst unnötig war, habe ich zugestimmt. Die Ärztin ließ sich die Vorgeschichte schildern und meinte, dass eine Wurzelbehandlung nötig sei. Eine Betäubung sei jedoch unnötig, da der Nerv tot/entfernt sei und ich deswegen keine Schmerzen verspüren würde. Das leuchtete selbst mir Angsthase ein. 🙂 Die Ärztin bohrte die Füllung auf und setzte dann in jeden Wurzelkanal (3 waren es) eine Nadel, um zu röntgen. Schon hierbei verspürte ich unten am Zahn einen stechenden Schmerz. Die Ärztin meinte aber, dass so weit unten sowieso keine Betäubung wirken würde. Nach dem Röntgen sollten dann die Wurzelkanäle erweitert werden. Ich bekam mit, dass hierbei noch jeweils ca. 2 mm tiefer gebohrt werden sollte als die Nadeln steckten – also waren noch weitere Schmerzen zu erwarten. So war es dann auch, ich hätte die Wände hochgehen können und nur mein Stolz hat verhindert, noch in der Praxis loszuheulen. Die Ärztin ist kein bißchen darauf eingegangen, obwohl ich schweißgebadet war und mehrmals zurückgezuckt bin.
Die Ärztin hat wohl die Kanäle gespült und war dabei sehr gründlich. So hat sie mit einem Ring und einem gummiähnlichen Bezug den Zahn vom Rest des Mundraums abgeschirmt. Jetzt habe ich eine provisorische Füllung und soll nächste Woche zur nächsten Sitzung kommen, wo die endgültige Füllung gemacht werden soll. Im Nachgang habe ich die üblichen “Nachwehen” einer Zahnbehandlung, die ich nicht schlimm finde: leichte Schmerzen (nehme zum Schlafen mal eine Iboprofen) und Empfindlichkeit, alles wird immer besser, sodass ich heute schon vorsichtig kauen konnte. Will sagen: ich glaube, das sieht alles ganz gut aus.
Trotzdem hat mir diese Behandlung enorm Angst gemacht. Kann ich mich darauf verlassen, dass die nächste Sitzung wirklich schmerzfrei ist? Und dann kann es ja passieren, dass irgendwann auch mal ein anderer Zahn betroffen ist. Die Erfahrung dieser heftigen Schmerzen macht mir große Angst vor weiteren Behandlungen dieser Art. Gibt es wirklich keine Möglichkeit der Betäubung in so einem Fall?
Und dann hat natürlich auch mein Vertrauen in den Zahnarzt gelitten. Okay, der eigentlich behandelnde Arzt war ja nicht beteiligt. Aber diese Aussagen von “es kann gar nicht schmerzen” zu “das kann man nicht betäuben” empfinde ich ein wenig als “Abtun”, ich fühle mich zu wenig aufgeklärt und ehrlich gesagt auch schlecht behandelt, dass ich so heftige Schmerzen aushalten musste. Wie kann ich damit umgehen? Offen ansprechen?
Was meinen Sie als Fachmann?
Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr DDr. Belsky,
ich habe in der Praxis angerufen, in der ich am Wochenende zum Notdienst war (meine Zahnärztin hat gerade Urlaub). Sie schicken mir das Röntgenbild per email zu, sobald ich es habe, lade ich es hier hoch.
Der aktuelle Stand der Dinge ist der, dass sich die Schmerzen deutlich gebessert haben, besser gesagt, ich habe keine Schmerzen mehr. Bis auf eine immer mehr abnehmende Aufbissempfindlichkeit haben sich die Symptome vom Wochenende gelegt, sodass ich schon vorsichtig weichere Nahrungsmittel kaue.
Meine Zahnärztin hat mir bereits gesagt, dass es nicht sicher ist, ob die Wurzelbehandlung eine dauerhafte Besserung bringt. Anfang Oktober soll es noch mal eine Nachkontrolle geben, ansonsten soll ich beobachten, wie der Zahn sich verhält. Wenn es wieder schwierig wird, sind eine Wurzelspitzenresektion oder (wohl wahrscheinlicher) eine Extraktion angedacht.
Wie würden Sie dies einschätzen? Und warum meinen Sie, dass das Antibiotikum nichts bringt (der Zahnarzt vom Notdienst hat mir erklärt, dass dieses Antibiotikum speziell für Knochen-/Kieferentzündungen eingesetzt wird, aber ich verstehe zuwenig davon, wie ein Knochen und damit auch der Kiefer durch das menschliche Kreislaufssystem versorgt wird)? Kann diese Entzündung an der Wurzelspitze weitere gesundheitliche Folgen haben, wenn ich – sofern beschwerdefrei – nichts weiter unternehmen lasse? Mir geht es auch darum zu verstehen, was da los ist, und nicht nur einfach an mir herumdoktorn zu lassen.
Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Mühe!
Sehr liebe Nocta!
Wie würden Sie dies einschätzen? Und warum meinen Sie, dass das Antibiotikum nichts bringt (der Zahnarzt vom Notdienst hat mir erklärt, dass dieses Antibiotikum speziell für Knochen-/Kieferentzündungen eingesetzt wird, aber ich verstehe zuwenig davon, wie ein Knochen und damit auch der Kiefer durch das menschliche Kreislaufssystem versorgt wird)? Kann diese Entzündung an der Wurzelspitze weitere gesundheitliche Folgen haben, wenn ich – sofern beschwerdefrei – nichts weiter unternehmen lasse? Mir geht es auch darum zu verstehen, was da los ist, und nicht nur einfach an mir herumdoktorn zu lassen.
Wenn die Kanäle nicht so wie [B][URL=”https://www.youtube.com/watch?v=Blib6RSqr-U”]in diesem Video aufgearbeitet werden[/URL][/B], dann sind dort Bakterien. Im Zahnkanal gelangen die Antibiotika aber nicht hin, denn das Antibiotikum wird mit dem Blut befördert und nach einer Wurzelbehandlung ist der Zahnkanal ein Hohlraum ohne Blutgefäße. Somit sind dort ideale Bedingungen, dass sich die Bakterien vermehren können. Das Antibiotikum wird zwar an der Wurzelspitze im Knochen (dort sind Blutgefäße) die Bakterien kurzfristig reduzieren, jedoch “rücken” aus dem Kanal immer neue Baks nach … deswegen sollte eine WB ordentlich gemacht werden, Antibiotika, WSR sind sinnlos …
[B][URL=”https://www.youtube.com/watch?v=JLWLfz9qJrk”]Wieso keine WSR? Mehr dazu im Video[/URL][/B] …
Sehr geehrter Ddr. Belsky,
danke für die gute Erklärung, die für mich nachvollziehbar ist. Sobald ich das Röntgenbild habe, lade ich es hier hoch, dann können Sie sich einen konkreteren Eindruck verschaffen.
Grundsätzlich habe ich den Eindruck, dass meine Zahnärztin sehr sorgfältig gearbeitet hat. Jedes Mal wurde ein Kofferdam angelegt, es wurde mehrfach gespült mit dieser stinkenden, aber wohl bakterienabtötenden Lösung. Falls das dennoch nicht ausgereicht hat, würde ich dann über Schmerzen merken, wenn sich eine weitere Infektion bildet?
Ich tendiere sehr stark dazu, dass ich in diesem Fall den Zahn ziehen lassen würde, damit das keine “neverending story” wird. Irgendwann stressen einfach diese ständigen Aufbereitungen und die Schmerzen, und eine WSR garantiert ja auch nicht zu 100% Erfolgsaussichten. Wenn der Zahn dann raus wäre, ließe sich dann die Infektion so behandeln, dass sie “verschwindet”? Ich verstehe Ihre Erklärung so, dass der tote Zahn im Grund Raum für die Bakterien bildet, sich zu vermehren – das wäre dann ja nicht mehr der Fall.
Aktuell bin ich vollständig beschwerdefrei und kann auch normal kauen. Bis morgen muss ich noch das Antibiotikum nehmen. Aber solche Schmerzen wie am vergangenen Wochenende möchte ich ungern wiederholen, es war schon erschreckend, dass selbst die Höchstdosis an Schmerzmittel keine Wirkung zeigte…
Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Erklärung und Meinung!
Sehr liebe Nocta!
Wenn der Zahn optimal aufgearbeitet, gereinigt und abgefüllt wird, dann ist der Kanal Bakterienfrei … bevor Sie den Zahn ziehen lassen, würde ich mir die Meinung eines Endodontologen einholen.