Guten Tag Herr DDr. Belsky,
ich sehe nun schon öfters in Linz die Plakate der “Zahnbörse” (StartseiteIch hab mir nun die Homepage angesehen, und finde es sehr interessant, was man da so liest. Anscheinend kann man zur Zahnbörse gehen, und dann wird einem geholfen, einen günstigen und qualitativ hochwertigen Zahnarzt zu finden!
Was sagen sie zu dieser “Firma”? Kennen sie die Zahnbörse, würde sie hingehen bzw. können sie sie weiterempfehlen?
mfg
Lieber Matthias!
Ich habe schon in einem ähnlichen thread zu solchen “Konzepten” Stellung genommen – z.B.
http://www.denta-beaute.at/zahnforum/frage-antwort-ddr-belsky-ber-t-sie-pers-nlich/1075-implantate-keramik-oder-titan.htmlDort fragt mich ein Herr:
….Herr Dr. Belsky sind Sie eigentlich in einer AgbZ eine Einkaufsgemeinschaft für Zahnersatz von Patienten für Patienten ? bzw. gibt es Diese auch in Österreich ?
In Deutschland kostete, bei mir der Einsatz von vier Zirkonimplantaten mit
Vollkeramik-Zahn gerade mal 5500 Euro komplett. ….
Ich antwortete:
Lieber Herr Harding!
Ich werte Ihren Beitrag nicht als Werbefeldzug, sondern beantworte diesen Thread wie eine ehrliche Frage.
Ich halte von diesen Dingen gar nichts – wieso? Meiner Meinung nach ist das ein Veräppeln der Patienten…
Nehmen wir ein Implantat, das Schrauberl kostet uns je nach Hersteller zwischen 100-250€. Wieso entstehen also ein Preis zwischen 500-1500€ beim ZA, nicht weil wir so teuer einkaufen….
Ich kann nicht für andere sprechen, aber ich will Ihnen erklären wie bei mir die Preise entstehen (900€/Stück).
Vor langem mußte ich mir für meine Mutter ein Implantatsystem zulegen … man wurde mit Werbebroschüren überflutet, jede Firma pries das eigene System an. Ich arbeitete damals im Krankenhaus auf der Gesichtschirurgie, wir hatten herzlich wenig mit Implantaten zu tun, aber wir sahen sehr viele Röntgenbilder mit Implantaten. Da fiel mir auf, dass bei einer Firma kaum ein Knochenverlust auftrat – bei Ankylos. Damals war dies die einzige Firma mit einer Konusverbindung zwischen Abutment und Implantat. Ich setzte mich hin und begann zu Recherchieren, ja Ankylos wurde zwar belächelt von den anderen Firmen wegen der fehlenden Indexierung, aber der Knochenabbau war am geringsten. Also nahm ich Ankylos, habe damals 2 Wochen recherchiert….
Heute bauen alle Implantatsysteme den damals belächelten Konus ein, vorbei die Steckverbindungen bei den Abutments (Schlagwörter Mikrobeweglichkeit, Bakterien…). Wenn Sie mehr wissen wollen kann ich es Ihnen gerne erklären, aber das sind Details, was ich damit sagen will, nicht die Schraube kostet so viel, nein das drum herum.
Einlesen, recherchieren, Schulungen für die Angestellten … in wie vielen Ordinationen werden Baumwolltücher zur Abdeckung verwendet – in verdammt vielen. Solche Details fallen dem Patienten nicht auf, ein grünes Tuch ist ein grünes Tuch, nur bei dem einen kostet die Abdeckung 70€ (hochsterile Einmalartikel), bei dem anderen sind es halt Tücher die wie wir wissen nicht steril sind – auch nicht wenn sie im Autoklaven waren … bei dem einem deckt eine Ärztin auf, bei dem anderen ein Lehrling, der keine Ahnung von Sterilität hat ….
Ich möchte Ihnen was zu nachdenken zum Lesen geben: Wir Ärzte werden von Pharmakonzernen überflutet mit Life Style Medikamenten, nehmen Sie z.B. SSRI. Seit der Einführung wurden diese Medikamente über 54 Millionen Mal verschrieben (Fluoxetin ? Wikipedia). Interessant ist das es keine EBM Studie gibt, die die Wirkung belegt, die Studien die gemacht wurden sind schlampig und Eli Lilly weiß seit 1984, dass SSRI Hemmer keinen Nutzen haben (John Virapen – internes Lilly Memo). Zudem weiß man, dass die Nebenwirkungen weit aus größer sind als der Nutzen (eine der Nebenwirkungen ist erhöhte Suizidneigung). Trotzdem wird das Medikament munter weiter verschrieben, ich selbst habe es meiner Mutter einmal verschrieben – ich *****. Sobald neue Nebenwirkungen bekannt werden, die man nutzen könnte, z.B. Gewichtszunahme …. wäre ja für Magersüchtige interessant, dann rennt das Marketing schon an „Off-Label-Marketing“ nennt sich das, ohne vorherige Tests, ohne genaue Versuche.
Die Pharmakonzerne rechnen einfach, wie viel bekomme ich, wie viel muss ich an Schweigegeld zahlen. Wirft eine Nische kein Geld mehr ab, dann erfindet man halt neue und beginnt zuerst die Bevölkerung durch lang angelegte Kampagnen auf neue Probleme vorzubereiten (ADS, ADHS, der sogenannte Zappelphilipp). Übermütige Kinder – war das jemals ein Problem? … man beginnt mit Broschüren in Schulen, dann bei Ärzten, schult sich sogenannte „Opinion Leader“ – wie man die schult? – nun mit netten Reisen, Bordellbesuchen und so weiter … und schließlich bietet man im richtigen Moment das passende Medikament an – wieder einen SSRI Hemmer (Line Extension in der Pharma Sprache …). Die Zulassungsbehörden werden gekauft und los geht’s. Sie als Kollege kennen die eine Seite der Pahrmariesen, die interne Seite können Sie in „Nebenwirkung Tod“ von John Virapen (war Chef von Eli Lilly in Schweden) nachlesen. Sie werden merken, dass sich Ihr erlebtes im Spital sehr schön mit dem zusammenfügt, was er schreibt …
Was kann der „kleine“ Arzt dagegen tun? Lesen, kritisch bleiben und die Bevölkerung im Kleinen aufklären. Sich einlesen kostet viel Zeit, ich bemühe mich in meiner Ordination EBM validierte Verfahren anzubieten, egal ob eine WB, oder ein Retinierter … ich fahre einen Renault Senic Diesel, nicht wie viele unserer Kollegen und Politiker dicke Limousinen … das Geld stecke ich lieber in verschiedene Projekte, z.B. Checkdent :: Coming soon eine Informationsplattform für Patienten… oder engagiere Biologen und Statistiker um die eine oder andere Studie zu durchforsten.
Diese Diskontangebote brachten uns nur, dass Tomaten wie Äpfel und Birnen schmecken, dass will ich nicht. An sich ist die Idee gemeinsam einzukaufen sicher gut, man könnte so die Preispolitik besser steuern (Ankylos hob seine Preise in den letzten 2 Jahren 4mal an- verrückt), nur würde ich das Geld wiederum zur Qualitätssteigerung nutzen, denn es gibt in diesem Beriech noch sehr viel zu tun – ich würde z.B. mal den Leuten erklären wieso alle Menschen schlechte Zähne hauptsächlich im Seitzahnbereich haben ….
Nun es kann nur die Qualität leiden, denn ein Vertreter der Börse X macht das ja nicht umsonst. Der bekommt dafür Geld, vom Kuchen des Arztes … Der Arzt wird vermutlich seinen Kuchen ungern “schrumpfen” sehen wollen, also spart er bei anderen Dingen – Dinge, die Ihnen als Patient nicht auf fallen … Qualität kostet – soll auch so sein, klar werde ich sauer, wenn ich einen Mercedes zahle und dann einen Lada bekomme. Zu glaube man zahlt einen Lada und bekommt dann einen Mercedes … naja, wenn Sie das finden, dann bitte mir sagen (egal in welchem Bereich). Leider lassen sich viele Menschen auf solche „Konzepte“ ein, spüren werden wir es als Konsumenten … (ich nehme mich da nicht aus ….)