Eine Patientin schrieb via mail:
Bin praktische Ärztin und muss mir im linken Unterkiefer (habe da nur mehr die beiden Schneidezähne und den Eckzahn) Implantate bei einem etwas atrophischen Unterkiefer setzen lassen. Da ich nach TCM Titan nicht gut vertrage, wäre ich an Kermik-Implantaten interessiert – würden Sie diese empfehlen und auch machen bzw. wieviel kostet ein solches Implantat bei Ihnen?
Liebe Fr. Dr!
An sich ist die Implantation eine sehr bewährte Methode um einen Zahnersatz festsitzend im Kiefer zu verankern. Wir verwenden sowohl Keramik, als auch Titanimplantate – im Seitzahn Titan, in der Front immer häufiger Keramikimplantate.
Wenn Sie mich fragen würden – was würdest du deiner Mutter im Seitzahnbereich setzten – Titan.
Wie Sie wissen gibt es weltweit keine beschriebene Unverträglichkeit gegenüber Titan, ein Implantatverlust in den ersten paar Monaten ist meist auf die Schuld vom Behandler zurückzuführen (falsche Indikation, falsche Technik, usw.).
Leider wurde früher drauf los implantiert, ohne das Fundament zu sanieren, viele Parodontitispatienten verloren deshalb Ihre Implantate, die Begründung der Ärzte war dann: “Naja, haben´s sas halt net vertragen …” Der Patient m*****ierte nach Hause und redete mit seinem Umkreis … “du stell dir vor ich hab das Implantat nicht vertragen …”
Diese Begründung war wie ein Bumerang, immer wieder tauchten dann verunsicherte Patienten auf, die Angst haben/hatten, dass Sie kein Titan vertragen würden …. aber wir alle vertragen es sehr gut … 😀
Ein Titanimplantat kostet bei uns 900€, ein Keramikimplantat 1300€ – ohne Zahn. Titan+Zahn ca. 1700€, Keramik + Zahn ca. 2100€ (immer Keramikkronen). Eventuell müsste vorher noch eine Knochenaugmentation erfolgen …
Lieber Herr Harding!
Ich werte Ihren Beitrag nicht als Werbefeldzug, sondern beantworte diesen Thread wie eine ehrliche Frage.
Ich halte von diesen Dingen gar nichts – wieso? Meiner Meinung nach ist das ein Veräppeln der Patienten…
Nehmen wir ein Implantat, das Schrauberl kostet uns je nach Hersteller zwischen 100-250€. Wieso entstehen also ein Preis zwischen 500-1500€ beim ZA, nicht weil wir so teuer einkaufen….
Ich kann nicht für andere sprechen, aber ich will Ihnen erklären wie bei mir die Preise entstehen (900€/Stück).
Vor langem mußte ich mir für meine Mutter ein Implantatsystem zulegen … man wurde mit Werbebroschüren überflutet, jede Firma pries das eigene System an. Ich arbeitete damals im Krankenhaus auf der Gesichtschirurgie, wir hatten herzlich wenig mit Implantaten zu tun, aber wir sahen sehr viele Röntgenbilder mit Implantaten. Da fiel mir auf, dass bei einer Firma kaum ein Knochenverlust auftrat – bei Ankylos. Damals war dies die einzige Firma mit einer Konusverbindung zwischen Abutment und Implantat. Ich setzte mich hin und begann zu Recherchieren, ja Ankylos wurde zwar belächelt von den anderen Firmen wegen der fehlenden Indexierung, aber der Knochenabbau war am geringsten. Also nahm ich Ankylos, habe damals 2 Wochen recherchiert….
Heute bauen alle Implantatsysteme den damals belächelten Konus ein, vorbei die Steckverbindungen bei den Abutments (Schlagwörter Mikrobeweglichkeit, Bakterien…). Wenn Sie mehr wissen wollen kann ich es Ihnen gerne erklären, aber das sind Details, was ich damit sagen will, nicht die Schraube kostet so viel, nein das drum herum.
Einlesen, recherchieren, Schulungen für die Angestellten … in wie vielen Ordinationen werden Baumwolltücher zur Abdeckung verwendet – in verdammt vielen. Solche Details fallen dem Patienten nicht auf, ein grünes Tuch ist ein grünes Tuch, nur bei dem einen kostet die Abdeckung 70€ (hochsterile Einmalartikel), bei dem anderen sind es halt Tücher die wie wir wissen nicht steril sind – auch nicht wenn sie im Autoklaven waren … bei dem einem deckt eine Ärztin auf, bei dem anderen ein Lehrling, der keine Ahnung von Sterilität hat ….
Ich möchte Ihnen was zu nachdenken zum Lesen geben: Wir Ärzte werden von Pharmakonzernen überflutet mit Life Style Medikamenten, nehmen Sie z.B. SSRI. Seit der Einführung wurden diese Medikamente über 54 Millionen Mal verschrieben (Fluoxetin ? WikipediaInteressant ist das es keine EBM Studie gibt, die die Wirkung belegt, die Studien die gemacht wurden sind schlampig und Eli Lilly weiß seit 1984, dass SSRI Hemmer keinen Nutzen haben (John Virapen – internes Lilly Memo). Zudem weiß man, dass die Nebenwirkungen weit aus größer sind als der Nutzen (eine der Nebenwirkungen ist erhöhte Suizidneigung). Trotzdem wird das Medikament munter weiter verschrieben, ich selbst habe es meiner Mutter einmal verschrieben – ich *****. Sobald neue Nebenwirkungen bekannt werden, die man nutzen könnte, z.B. Gewichtszunahme …. wäre ja für Magersüchtige interessant, dann rennt das Marketing schon an „Off-Label-Marketing“ nennt sich das, ohne vorherige Tests, ohne genaue Versuche.
Die Pharmakonzerne rechnen einfach, wie viel bekomme ich, wie viel muss ich an Schweigegeld zahlen. Wirft eine Nische kein Geld mehr ab, dann erfindet man halt neue und beginnt zuerst die Bevölkerung durch lang angelegte Kampagnen auf neue Probleme vorzubereiten (ADS, ADHS, der sogenannte Zappelphilipp). Übermütige Kinder – war das jemals ein Problem? … man beginnt mit Broschüren in Schulen, dann bei Ärzten, schult sich sogenannte „Opinion Leader“ – wie man die schult? – nun mit netten Reisen, Bordellbesuchen und so weiter … und schließlich bietet man im richtigen Moment das passende Medikament an – wieder einen SSRI Hemmer (Line Extension in der Pharma Sprache …). Die Zulassungsbehörden werden gekauft und los geht’s. Sie als Kollege kennen die eine Seite der Pahrmariesen, die interne Seite können Sie in „Nebenwirkung Tod“ von John Virapen (war Chef von Eli Lilly in Schweden) nachlesen. Sie werden merken, dass sich Ihr erlebtes im Spital sehr schön mit dem zusammenfügt, was er schreibt …
Was kann der „kleine“ Arzt dagegen tun? Lesen, kritisch bleiben und die Bevölkerung im Kleinen aufklären. Sich einlesen kostet viel Zeit, ich bemühe mich in meiner Ordination EBM validierte Verfahren anzubieten, egal ob eine WB, oder ein Retinierter … ich fahre einen Renault Senic Diesel, nicht wie viele unserer Kollegen und Politiker dicke Limousinen … das Geld stecke ich lieber in verschiedene Projekte, z.B. Checkdent :: Coming sooneine Informationsplattform für Patienten… oder engagiere Biologen und Statistiker um die eine oder andere Studie zu durchforsten.
Diese Diskontangebote brachten uns nur, dass Tomaten wie Äpfel und Birnen schmecken, dass will ich nicht. An sich ist die Idee gemeinsam einzukaufen sicher gut, man könnte so die Preispolitik besser steuern (Ankylos hob seine Preise in den letzten 2 Jahren 4mal an- verrückt), nur würde ich das Geld wiederum zur Qualitätssteigerung nutzen, denn es gibt in diesem Beriech noch sehr viel zu tun – ich würde z.B. mal den Leuten erklären wieso alle Menschen schlechte Zähne hauptsächlich im Seitzahnbereich haben …. 😉