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Eine neue Ära der Stammzellforschung scheint eingeläutet: Offenbar ist es einem Forscherteam um die Entwicklungsbiologen James Thomson von der University of Wisconsin-Madison und Shinya Yamanaka von der japanischen Kyoto University gelungen, aus menschlichen Hautzellen Stammzellen herzustellen.
Zellen also, die sich unbegrenzt teilen und in alle möglichen Zellarten entwickeln können, ohne dass zuvor ein Embryo für ihre Gewinnung erzeugt werden musste. “Diese Zellen können alles, was auch Zellen von frühen Embryonen können”, sagt Thomson.
In den Fachzeitschriften “Science” und “Cell” haben die Wissenschaftler ihre Arbeit vorgestellt.Die Methode, mit denen sie die neuen Stammzellen, die ethisch weit weniger umstritten sind als embryonale Stammzellen, erzeugten, ist nicht ganz neu. Bereits im Juni veröffentlichte Yamanaka sie in den Journalen “Nature” und “Stem Cells”: Damals hatte er Hautzellen von Mäusen zu Stammzellen umprogrammiert. Diese Verjüngungskur gelang, indem vier neue Gene in die Mäusehautzellen eingeschleust wurden. So erhielten die Hautzellen die Wandlungsfähigkeit von embryonalen Stammzellen zurück.
Die vier eingeschleusten Gene sind sogenannte Transkriptionsfaktoren, Faktoren also, die das An- und Abschalten von anderen Genen steuern können. Sie können somit dafür sorgen, dass eine Stammzelle sich nicht in eine Blut- oder Muskelzelle verwandelt und nur noch deren Eigenarten hat, sondern dass sie undifferenziert bleibt. Die Zellen, die die Forscher damals herstellten, hatten aber einen großen Nachteil: Sie stammten aus der Haut von Mäusen. Und Mäusezellen sind für die Entwicklung von Medikamenten und Therapien für den Menschen nur bedingt einsetzbar.
Dennoch überzeugten die Mäusehaut-Stammzellen die Forschergemeinde: Ian Wilmut, Vater des Klonschafes Dolly, verkündete bereits vergangenen Freitag seinen Abschied von der Klonforschung. Und das wenige Tage, nachdem er amerikanischen Kollegen dazu gratuliert hatte, dass sie die ersten Primaten geklont hatten. Doch so groß dieser wissenschaftliche Erfolg ist, Wilmut interessiert er offenbar immer weniger. Zu “aufregend und erstaunlich” seien die Ergebnisse der Haut-Stammzellforscher.
Bisher krankte die nicht embryonale Stammzellforschung daran, dass adulte Stammzellen nur eine begrenzte Wandelbarkeit haben. Blutstammzellen etwa konnten sich nur zu Blutzellen entwickeln, nicht aber zu Nerven-, Bauchspeicheldrüsen- oder Muskelzellen. Deshalb waren viele Wissenschaftler der Meinung, Forschung an adulten Stammzellen bringe nur bedingt Fortschritte für die Humanmedizin. Sie sprachen sich für die Forschung an embryonalen Stammzellen aus.
Forscher Yamanaka sagt: “Wir haben aus etwa 50 000 Hautzellen zehn Stammzellen gewinnen können”, sagt er. “Das mag recht ineffizient klingen, aber von einer dieser zehn Zellen kann ja eine ganze Stammzelllinie gewonnen werden.”Der deutsche Stammzellenforscher Hans Schöler nannte die Arbeiten von Yamanaka und Thomson “bahnbrechende Ergebnisse, die meines Erachtens das Klon-Schaf Dolly in den Schatten stellen werden”. Es sind aber noch einige Studien nötig, bis die Stammzellen in der Therapie von Krankheiten eingesetzt werden können.
Quelle: weltonline