Hallo,
hatte am 25er vor 3 Tagen eine Wurzelbehandlung. Während der Behandlung hatte ich eine starke Blutung. Hat der Arzt da irgendetwas falsch gemacht? Seitdem Zeitpunkt hatte ich während der Behandlung Schmerzen, die erst 1 Tag später einigermaßen ok waren. Als nächstes sagte er, daß er einen halben Millimeter über die Wurzelspitze hinausgeschossen ist. Hat das irgendwelche negative Auswirkungen? Nächste Woche Freitag habe ich den nächsten Termin mit ihm vereinbart und wenn alles ok ist möchte er gleich mit Guttapercha abfüllen… Ist das nicht zu früh? Und noch eine letzte Frage. Ungefähr an der Stelle, wo der Arzt die Spritze gesetzt hat darf ich absolut nicht hinkommen. Auch von außen, wenn ich auf die Wange drücke schmerzt es stark. Von innen ist es direkt am Übergang vom Zahnfleisch zur Wange. Hat sich da irgendetwas von der Injektion festgesetzt? Es wird seit der Behandlung nicht besser, sondern wird sogar momentan etwas schlimmer. Auch wenn ich rede merke ich die Stelle arg.
Ich würde mich um eine Antwort sehr freuen und bin froh, daß es eine Seite gibt wo man als Laie nochmal nachfragen kann.
Vielen Dank
lancelot
Hallo Lancelot!
Das die Wurzelbehandlung mit Kofferdamm ausgeführt worden ist zeigt, dass Ihr Zahnarzt um die Wichtigkeit einer weitestgehend sauberen Vorgehensweise bescheid weiß. Die Verwendung eines Kofferdammes ist nicht selbstverständlich! Sie sind wahrscheinlich zum Arzt gegangen, weil Sie Schmerzen hatten. Schmerzen hatten Sie, weil Sie ebendort eine Entzündung hatten – im entzündeten Gewebe wirkt die Anästhesie schlechter – daher vermutlich die Schmerzen während der Behandlung.
Dass die Schmerzen noch einige Tage “nachpochen“, ist normal und sollte Sie vorerst nicht weiter beunruhigen – zu betonen ist aber, dass es sich um moderate Schmerzen handelt, keinesfalls um starke nicht aushaltbare Schmerzen. Sollten Sie jedoch sehr starke Schmerzen haben, würde ich Ihnen empfehlen nochmals den Arzt zu konsultieren.
Die starke Blutung ist wahrscheinlich durch die starke Entzündung und der Überinstrumentierung der Wurzelspitze bedingt – ebenfalls kein Grund zur Beunruhigung – im Gegenteil, bei starken Entzündungen wird häufig absichtlich die Wurzelspitze etwas erweitert, damit mehr Medikamente zum entzündetem Gebiet gelangen, durch eine spezielle Technik stellt man sich später eine „neue“ Wurzelverengung her.
Sollten beim nächsten Termin die Wurzelkanäle trocken sein, dann sollte laut jetzigem Wissenstand sofort mit Guttapercha gefüllt werden.
Bezüglich Ihrer Frage zur Spülung mit „Chlor“
Zur Desinfektion des Wurzelkanals – nach einer gründlichen instrumentellen Reinigung – werden verschiedene Spülungen verwendet. Zu den Zielen dieser chemischen Aufbereitung gehören:
[list]Herausspülen von Pulparestgewebe und Dentinspänen, welche durch die mechanische Aufbereitung entstanden sind
gewebsauflösende Effekte zur effektiven Reinigung anhaftender Gewebsreste in mechanisch unzugänglichen Bereichen
Entfernung des „Smear layer“ – einer Schicht aus Zellen, Spänen, Mineralien
Desinfektion durch antimikrobielle Wirkung[/list]
Hierzu gehören besonders:
[b]Spülungen mit Natriumhypochlorit (NaOCl)[/b]
Hypochlorit-Lösungen setzen bei Anwesenheit von wässrigen Lösungen das starke Bakteriengift Chlor frei. (s.a. weiter unten). Anwendung in 2,5 – 5,25 % NaOCl-Konzentration. Gilt auch heute noch als “Standard-Spülmittel”, dies besonders wegen der gewebsauflösenden Wirkung. Die Überspülung des Kanals ist wegen der gewebsauflösenden Wirkung nicht unbedenklich und kann zu Reizungen des periapicalen Gebietes führen.
[b]Spülungen mit Chlorhexidin[/b]
als Alternative zu NaOCl (0,1-2%ig); gute antimikrobielle Effekte, keine Gewebsauflösung
[b]Spülungen mit Ethylendiamintetraacetat (EDTA, sog. Chelator)[/b]
die Salze von EDTA sind in Konzentrationen von 10 – 17 % in wässrigen Lösungen wirkungsvolle Chelatbildner. Sie lösen über diese Verbindung Kalzium aus dem Dentin, beseitigen gut die bakteriell stark verunreinigte Schmierschicht und öffnen die Zahnbeinkanälchen (Dentintubuli) für eine wirkungsvolle Anwendung der Spüllösung. Darüber hinaus verbessert sich die Randständigkeit des Wurzelkanalfüllmaterials. Keine antimikrobiellen Effekte. Cave: EDTA deaktiviert Hypochlorit (s.o.)
Gelegentlich auch Einsatz eines anderen Chelators in Form der Zitronensäure (10%ig)
[b]
Einbringen von Calciumhydroxid-Pasten[/b], durch Abgabe von Hydroxid-Ionen und dadurch bedingt Herstellung eines stark alkalischen Milieus kommt es zu einer bakterienabtötenden (Depot-)Wirkung. Eine Mischung mit Natriumhypochlorit (s.o.) an Stelle von Wasser wird vorgeschlagen, um eine breiteres Keimspektrum zu erreichen.
[b]MTAD[/b]
dieses Kombinationspräparat (Tetrazyclin-isomer (Doxycyclin), Zitronensäure, Detergentium (Tween 80) und Phosphorsäure) hat eine, dem NaOCl deutlich überlegen, gute antimikrobielle Eigenschaft und bewirkt eine ausreichende Entfernung der Schmierschicht. Weitere klinische Untersuchungen sind bis zur Praxisreife nötig (2004)
Dass Zähne nach einer Wurzelbehandlung brüchig werden wird immer kolportiert, wissenschaftlich konnte dies aber widerlegt werden.
(Mehr darüber z.B. unter http://www.dgzmk.de/uploads/441016ad4b908.pdfVermutlich entstand dieses Gerücht aus immer wieder beobachteten Wurzelfrakturen nach Wurzelstiftversorgungen, wobei hier nicht das Problem im Zahn, sondern häufig in der Stiftgeometrie zu suchen ist, auch eine „Überstopfung“ mit Füllmaterial kann zu einer Fraktur führen – wiederum kein Problem des „Zahnes“. Wenn also genügend Zahnsubstanz vorhanden ist, dann ist sicher die Inlay Variante die bessere.
Ein kleiner Hinweis – lassen Sie sich den Zahn in 6 Monaten mittels Kleinbildröntgen kontrollieren – sollte es doch noch zu einer neuerlichen Entzündung kommen, kann man den Zahn immer noch mit einer Wurzelspitzenresektion zu retten versuchen.
MFG