Das Gefühl kennt jeder: Wenn der Finger verletzt wird, scheint er genau an der Stelle zu schmerzen, wo die Verwundung geschah. Der Schmerz scheint sich gefühlsmäßig draußen, d. h. außerhalb des Kopfes, abzuspielen. Doch dem ist nicht so: “Schmerz ist eine Konstruktion des Gehirns, d. h., er entsteht erst im Gehirn”, benennt Prof. Dr. Wolfgang Miltner von der Universität Jena aktuelle Erkenntnisse.
Damit ist Schmerz “in erster Linie ein psychologisches und kein rein neuro-physiologisches Ereignis”. Im Gehirn wird Schmerz als Erfahrung gespeichert und wieder abgerufen – oder auch nicht, wie Jenaer Versuche unter Hypnose oder Ablenkung gezeigt haben. An der “Erfahrung Schmerz”, so der Psychologe Miltner, sind ca. 20 Strukturen im Gehirn beteiligt, die gemeinsam in bestimmter Weise zusammenarbeiten müssen.
Doch wie diese komplexe Schmerzmatrix genau funktioniert und wie die Gehirnstrukturen miteinander kommunizieren, damit es ein Schmerzerleben gibt, ist bislang nur unzureichend bekannt.
Bildlich formuliert: Was passiert im Mega-Orchester der Neuronen, wenn wir plötzlich Schmerz verspüren? Welche Neuronen-Musiker spielen wann aufgrund welcher Informationen welche Töne und auf welchen Wegen werden diese übertragen? Dieses “Schmerz-Konzert” werden die Forscher der Universität Jena sowohl im gesunden als auch im kranken Körper, etwa bei rheumatischen oder entzündlichen Störungen, erforschen.
Und nur wenn die Grundlagen der Schmerzentstehung im Gehirn bekannt sind, können auch neue Konzepte der Schmerztherapie entwickelt und vielleicht manche unerträgliche Schmerzen gelindert werden.
Quelle: Institut für Medizinische Statistik, Informatik und Dokumentation der Universität Jena