Guten Tag, Herr Dr. Belsky,
mir wurden zwei Tage vor Weihnachten (Di.) 2 Zähne gezogen (6/5). Vermutlich 6 hatte fast drei Jahre lang Schmerzen verursacht, war schließlich wurzelbehandelt worden. Weil sich keine Besserung einstellen wollte, wurde die Wurzelbehandlung von einem Endodontologen unterm Mikroskop wiederholt (wobei die Hälfte der Füllung leider unerkannt dringeblieben ist, was aber erst 3 Monate später von einer Urlaubsvertretung, die die noch unverschlossenen Kanäle spülen wollte, durch Röntgen entdeckt wurde), schließlich erfolgte wegen anhaltender Beschwerden vor 1 1/2 Jahren eine Resektion – obwohl auf dem Bild eigentlich keine Entzündung zu sehen war, habe ich das, inzwischen Zahnschmerzen leid, machen lassen. (“Da ist nichts zu sehen, aber wurzelbehandelte Zähne machen sowas manchmal, wir machen das mal auf.”) Und danach? Immer wieder dieselben Schmerzen …
Neuer Zahnarzt schlug nun im Dezember Entfernung von 6 vor sowie ebenso von 5 wegen nicht eindeutiger Wurzelfüllung, da 5 eine Brücke nicht würde tragen können, und beschliff gleich beim ersten Besuch 3 Zähne (nicht 2, wie ich gedacht hatte …) So ist nun da, wo früher EINE Krone war, seit Weihnachten die Kieferseite von 7 bis 3 unter einer Brücke verborgen. Schock. (Und diese Brücke empfinde ich nach wie vor als Fremdkörper, irgendwie passt das alles nicht. Zahnarzt hat schon 2 Zähne im Oberkiefer angeschliffen, davon eine Krone. Irgendwie wunder ich mich …)
Die fertige Brücke wurde direkt nach dem Ziehen der Zähne provisorisch auf die (nicht genähte) Wunde gesetzt, 2 IBU 400 sollte ich max. pro Tag nehmen, bei mehr Bescheid sagen. Zuerst war alles gut, Mittwochabend/Donnerstag wurden die Schmerzen aber schlimmer, so dass ich dann bei mehr als 2 IBU 400 lag. Zahnarzt meinte tel., sei OK, Dosis einfach dem Bedarf anpassen, max. 5 pro Tag. Freitagabend schließlich wegen unaushaltbarer Schmerzen Notdienst – der die Brücke nicht runternehmen wollte. Samstag Hauszahnarzt – der die Brücke nicht runterkriegte. Samstagnacht und Sonntag wieder Notdienst, niemand wollte an die Brücke ran, und von außen sah’s prima aus: rosa Zahnfleisch, alles, wie’s sein soll. Wenn da nicht diese unglaublich furchtbaren Schmerzen gewesen wären … Der eine machte einen Antibiotikumstreifen unter die Brücke, der andere spülte mit einer Jodlösung, die dritte meinte, dass eventuell ein Zementkrümel in die Wunde gefallen sei – und entließ mich nach einer Spülung mit einem Fingerhut Jod.
Ein Tag 10 IBU 400, die eigentlich noch nicht reichten, am nächsten Tag 150 Tropfen Novalgin und 3 IBU 400. Seit vorgestern (Di.) Besserung, heute (Do.) “normale” Schmerzen, ohne Schmerzmittel zu ertragen.
Kommenden Di. nächster Termin. ZA hatte vorgestern am Telefon erklärt, wenn die Diagnose des einen Notarztes (“offen liegender Knochen”) stimme, müsse er die Brücke runterholen, alles nochmal aufmachen und eng vernähen. Das könne er Mi. (also gestern) machen, aber ungern, da Urlaub/keine Assistenz da, er mache es daher lieber Anfang der Woche mit Assistentin.
1. FRAGE: Ist das kommenden Dienstag überhaupt noch nötig? Ich rechne nicht damit, dass ich zu dem Zeitpunkt überhaupt noch Schmerzen haben werde.
2. FRAGE: Die Zungenhälfte ist von der einen Betäubung neulich noch immer taub und wie verbrannt. Ich beiß mir beim Sprechen immer wieder drauf, auch beim Essen – obwohl ich nach wie vor nur auf der anderen Seite kaue. Beim Spritzen am Tag des Zahnziehens hatte ich sowas wie einen Blitz oder elektrischen Schlag in der linken Zungenseite verspürt, ZA hat das gemerkt, gemeint: “Bin schon weg!” Regeneriert sich die Zunge wieder, verschwindet diese unangenehme Empfindung wieder? Verschwindet sie von selbst oder bedarf es einer Behandlung? Und wie lange kann dieser Zustand anhalten?
Herzlichen Dank und ein glückliches und gesundes 2010!
Lieber Herr Dr. Belsky,
ich wollte mal berichten, wie es weiterging-/geht …
Letzte Woche war ich bei meinem alten Zahnarzt, bei eben dem, der mich vor meinem Ausflug zu diesem Menschen, der mir einen ganzen Quadranten unnötigerweise umfassend behandelt hat, betreut hat. Schon letztes Jahr hatte ich erfahren, dass die Krone an 16 undicht und darunter Karies sei (s.o.), dass der Zahn wohl nicht zu retten sei. Ich habe da seitdem nichts unternommen wegen der nicht passenden Brücke an 37-33, die ja noch eines Gutachterblickes bedarf. (Da 16 keine Schmerzen macht, nicht entzündet ist und eh raus muss, hält mein ZA das für vertretbar.) Nun habe ich bei der Kontrolle im Mai erfahren, dass auch die Krone an 15 undicht sei und der Zahn darunter am Rand Karies habe. Das also hat mein ZA nun letzte Woche behoben: Zahn gerettet, statt der Krone habe ich da nun erstmal ein Langzeitprovisorium.
Wir sprachen über die hoffentlich bald stattfindende Versorgung der Region 16/15, mein Zahnarzt schlug die Versorgung mit einer Brücke 15-17 vor – obwohl Zahn 15 eine WB hat. Ich habe nochmal nachgefragt, er bestätigte mir, dass Zahn 15 stabil sei und eine Brücke würde tragen können, auch wenn es sicher schöner wäre, wenn er noch vital wäre. Eine Indikation zur Ex von 15 gebe es noch lange nicht. Da musste ich doch kurz schlucken. Denn: Die Situation oben entspricht der, wie sie an 36/35 gewesen war und die diesen anderen Zahnarzt zur Versorgung des 3. Quadranten mit dieser langen Brücke 37-33 veranlasst hatte: Der 6er eher extraktionswürdig, der 5er wurzelbehandelt, aber komplett beschwerdefrei. Mit dem Unterschied, dass von Zahn 35 noch viel erhalten war, er nicht einmal überkront war wie 15 …
In der Brücken-/Zungennervsache hat der beklagte Zahnarzt meinen Vergleichsvorschlag abgelehnt, die Angelegenheit geht also wieder vor Gericht. Wobei ich mich wundere, dass ihm das bei all den Fehlern, die ihm da unterlaufen sind und die das Gericht bereits anerkannt hat, nicht unangenehm zu sein scheint … Hm. Fehler? Ja, Fehler, viele Fehler! Fehler passieren, gar keine Frage. Und ich bin die Letzte, die da kein Pardon kennen würde, eine Entschuldigung und Beheben des Fehlers nicht akzeptieren würde. Hier aber geht es nicht nur um Fehler. Hier geht es um teils gravierende Verletzungen (zahn-)ärztlicher Pflicht – die Reihe an Vorwürfen ist lang. Und mit welch falsch-absurden Behauptungen der Zahnarzt entgegenhält, ist beachtlich, das bringt selbst mich als (wenn auch inzwischen ein wenig fortgebildete) Laiin mittlerweile gar zum Lachen.
Ich habe inzwischen zwei gar nicht dicke, dafür jedoch sehr informative, fast unterhaltsame Bücher zum Thema Zahnarztrecht gelesen. Es ist doch beachtlich, dass (zahn-)medizinischer Standard nicht von Medizinern bestimmt wird, sondern von Juristen! (Jedenfalls schreibt das der Autor, ein Zahnarzt, der zugleich Jurist ist.) Nach meiner Lektüre weiß ich, dass der Vertrag zwischen Zahnarzt und Patient ein Diestleistungsvertrag ist, dass der Zahnarzt damit in jedem Falle Anspruch auf sein Honorar hat, auch wenn er die Leistung schlecht/falsch erfüllt. Das ist ja hübsch! (Bei Anwälten ist es übrigens auch so.) Anspruch auf sein Honorar hat er allerdings nicht, wenn eine Behandlung nicht indiziert war. Und meine reichlich überdimensionierte Behandlung – 1 einziger Problemzahn, Ex 2er Zähne und Brücke über 5 Zähne – war anerkanntermaßen nicht indiziert. In eine nicht indizierte Behandlung kann der Patient nicht einwilligen, der geschlossene Behandlungsvertrag ist nichtig. Hinzu kommt bei mir die nicht erfolgte Aufklärung über den Beschliff des gesunden Eckzahnes und seine Einbeziehung in die Brücke. Das Gericht sagte dazu, ich hätte ein hohes Risiko, zu beweisen, dass die Aufklärung nicht stattgefunden hat. Nach meiner Lektüre aber weiß ich, dass grundsätzlich der Arzt zu dokumentieren und auch zu beweisen hat, dass die Aufklärung allumfassend stattgefunden hat (BGH-Urteil). Dokumentiert hat dieser Zahnarzt eigentlich nichts. Er argumentiert heute, ich sei in einem “reduzierten Allgemeinzustand” gewesen (Unfug) und hätte die Aufklärung nicht verstanden (auch Unfug). Ich weiß nun, dass er mich, wenn ich doch seiner Auffassung nach bei meinem allerersten Besuch in seiner Praxis in einem solchen Zustand gewesen war, gar nicht hätte behandeln dürfen, muss er doch sicherstellen, dass sein Patient die Aufklärung versteht (BGH-Urteil). (Er wollte mir ja bei unserem ersten Aufeinandertreffen nicht nur zwei bzw. leider drei Zähne beschleifen, sondern auch noch zwei Zähne ziehen …) Naja, und so weiter. Ich habe meinen Anwalt gebeten, das entsprechend nachzutragen, mal sehen, was nun passiert.
Dass ich auch erfahren habe, dass eine Behandlung, die ohne Zustimmung des Patienten erfolgt ist – und hätte ich von dem Beschliff meines heilen 33 vorher gewusst, hätte ich garantiert nicht zugestimmt, das hatte ich dem Herrn danach auch gleich schriftlich mitgeteilt -, im juristischen Sinne Körperverletzung ist, naja, das passt zu meinem Gefühl. Das war das Gefühl, das mich in den Tagen nach diesem ersten Besuch in der Praxis fast wahnsinnig gemacht hat, das auch nun immer nochmal wieder hochkommt. Ich habe damals immer gesagt: Ich will das nicht dramatisieren, aber es fühlt sich an wie Körperverletzung. Das war es also auch, auch wenn’s hier “nur” um Zähne geht. (Und zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht einmal, dass 35 nicht hätte gezogen werden müssen, dass außerdem sehr wohl ein Implantat hätte gesetzt werden könnn, dass also auch 34 und 33 nicht hätten beschliffen werden müssen.)
“Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd …”, sagt ein chinsesisches Sprichwort. Ich will hier jetzt nicht in Diskussionen über Wahrheit und Realität einsteigen, das Sprichwort aber kann ich bestätigen. Niemand ist so wirklich interessiert, auch wenn man Dinge tatsächlich mit zahlreichen Indizien oder gar Beweisen belegen kann. Die Zahnärztekammer deckt ihr Mitglied, ist nicht einmal bereit, logisch-formal Falsches in dem Gutachten ändern zu lassen. All diese Umstände geben dem Ganzen nochmal einen bitteren Beigeschmack, da können Opfer von schlimmeren Behandlungsfehlern sicher ein Lied zu singen. Aber ist das ein Grund, nicht für sein Recht einzustehen? Sie haben mir abgeraten – und Sie haben natürlich Recht, es ist streckenweise nicht nur Vergeudung von Zeit, sondern vor allem auch von Energie. Und wofür? Für ein wenig Kohle – das allerdings ist nur der materielle Blick auf die Dinge.
Trotz allem: Ich habe den festen Glauben daran, dass sich in dieser Welt die Macht der (wirtschaftlichen) Interessen (nichts anderes lag da vor, wage ich zu behaupten) verringern würde, wenn nur weniger Menschen ignorant und indifferent alles mit sich geschehen ließen. Und so verfolge ich das Ganze weiter.
Einen schönen Gruß von
Mascha